Erfahrungen mit Selfpublishing Anbietern
Nachdem ich unlängst mal wieder im Fediverse danach gefragt wurde, stelle ich meine Antwort hier einmal kurz zusammen; Stand Januar 2024.
Mein Modell
Zur Einordnung: Ich verfolge das Publishing Wide Modell („wide for the win“), also in die Breite publizieren. Sprich, ich lade meine Bücher an mehreren Stellen hoch und bekomme daher auch Geld aus unterschiedlichen Quellen und nicht nur von einem Anbieter.
Für meine Titel verwende ich eigene ISBNs, bin also meine eigene Verlegerin. Die ISBNs habe ich als 100er-Block gekauft und meinen Namen als Verlag angegeben. Die längste Zeit hatte ich dafür keinen extra Gewerbeschein als Verlag, weil ich nur mit meinem eigenen urheberrechtlich geschützten Material (intellectual property, IP) gearbeitet habe. Erst seit ich Anthologien mit dem IP anderer Leute mache, brauche ich auch einen Gewerbeschein als Verlag.
Meine Bücher biete ich als eBooks an, sowohl über die „üblichen Plattformen“ aber auch als Download in meinem eigenen eBook-Shop.
Printbücher mache ich als Softcover, Großdruck und ggf Hardcover. Die Printbücher sind aus Prinzip alle Print on Demand (PoD), weil so keine vorab Druckkosten für Auflagen und keine Lagerkosten anfallen und auch keine Bücher vernichtet werden müssen.
Zum Satz der eBooks und auch der Printbücher verwende ich Vellum (Partner Link), da bekomme ich alle Dateien (bis auf das Print-Cover) in einem Arbeitsschritt und es ist kein Zusatzaufwand, den Buchblock für Print zu erstellen.
Teilweise mache ich auch Hörbücher als Download, keine physischen Tonträger*. Aber dazu unten mehr.
Vorteile von Publishing Wide
- ausfallsicherer, falls mal ein Anbieter eingeht oder beschließt, meine Bücher nicht mehr zu verbreiten
- -> „multiple streams of income“!
- mehr Gewinn der bei mir ankommt, da „all in one“ Anbieter mehr Prozente behalten für ihre Dienste, die Dateien an andere Plattformen zu liefern
Nachteile
- es braucht etwas mehr Zeit, die Bücher an mehreren Stellen hochzuladen
- die Plattformen sind alle ein bisschen unterschiedlich aufgebaut und ganz stupides copy&paste ist es nicht
Trotzdem lohnt sich meiner Meinung nach der Aufwand, weil es sich doch rechnet und mir mehr Sicherheit gibt. Und vorbereiten muss ich das Hochladen ohnehin, dann habe ich meine hochzuladenden Dateien für Cover und Inhalt, sowie die Beschreibung, Stichwörter und Kategorien neben mir in Ordnern und einer Text-Notiz offen und arbeite eine Seite nach der anderen ab.
Anbieter, die ich nutze
Tolino Media (eBook)
Bei Tolino Media mache ich die eBooks für den deutschsprachigen Markt, vor allem die Tolino-Allianz (also Thalia Mayersche, Weltbild, Hugendubel, Osiander und das Barsortiment Libri). Das Backend ist modern und einfach in der Handhabung. Sie bieten seit einer Weile auch Printbücher an, aber die mach ich wegen der Marge lieber selbst.
Kurzkritik: Ich bin dort sehr zufrieden, nette Leute, guter Support, Backend geht gut von der Hand.
Kobo Writinglife (eBook)
Kobo Writinglife ist für mich nur ein Mini-Markt, über den selten Verkäufe reinkommen. Aber es kostet kein Geld und nicht viel Zeit, auch diesen Marktplatz zu bespielen. Das Backend ist etwas angestaubt, aber handhabbar. Support musste ich noch nie bemühen. Es gibt auch die Möglichkeit, Werbung zu machen, das habe ich aber auch noch nie ausprobiert.
Draft2Digital (eBook)
Draft2Digital (D2D) ist ebenfalls etwas angestaubt, aber handhabbar. Auch hier kommen selten Verkäufe für meine meist deutschsprachigen Titel rein, aber es hat einen großen Vorteil: Die Hörbuch-Plattform Findaway Voices ist direkt angeschlossen und man kann ein Buchprojekt direkt zu Findaway „weiterleiten“. Allerdings muss der Account bei Findaway mit derselben Mailadresse erstellt sein, damit sich die Projekte dann „finden“. Sprich, man muss die Metadaten, Beschreibung etc. alles nur einmal eingeben und hat dann gleich alles für’s Hörbuch zusammen und braucht nur noch die Hörbuchdateien in das automatisch erstelle Projekt hochladen und auf „publish“ klicken. Deswegen habe ich auch das erste Paula-Hörbuch bei Findaway Voices.
Apple (-)
Man kann Bücher auch direkt bei Apple für den Apple-eigenen Bookstore hochladen. Es ist … mühsam ist noch nett ausgedrückt. Ich habe das ein paarmal ausprobiert und es ist über die Jahre auch nicht besser geworden. Der Aufwand lohnt für die paar Bücher darüber nicht und ich bespiele Apple wieder via D2D.
Kurzkritik: Einfach lassen. Spart viele Nerven.
Google (eBook & Hörbuch)
Auch Google kann man direkt bespielen oder eben auch durch D2D oder einen anderen Anbieter bespielen lassen. Seit Anfang 2024 kann Google auch auf Konten bei Direktbanken auszahlen, bis letztes Jahr haben sie mir die Auszahlungen verweigert, weil die Bank, bei der ich das Geschäftskonto habe, keine Filialen hat.
Warum ich Google trotzdem bespiele und bis Ende 2023 auf meine Zahlungen verzichtet habe (sie kamen gebündelt jetzt Anfang 2024 auf’s Konto): Weil Google erlaubt, automatisch erstellte Hörbücher aus den hochgeladenen eBook-Dateien zu erstellen, die man kostenfrei auch auf anderen Plattformen (zB im eigenen Shop) anbieten kann. Das lohnt sich für mich für das Hörbuch vom Datenschutz-Sachbuch, da ich dieses alle anderthalb Jahre aktualisiere und sich deswegen der Aufwand für mich nicht lohnt, das Buch selbst einzusprechen, zu schneiden etc. Mit dem automatisch erstellten Hörbuch habe ich auch eine Version für zB sehbeeinträchtigte Menschen, dass sie die Inhalte trotzdem bequem bekommen können.
Amazon KDP (eBook & Print)
Amazon Kindle Direct Publishing (KDP) ist halt Amazon und muss man wollen. Schnell, Plattform etwas angestaubt aber funktionell inkl. kleinerer Fehlerkorrektur. Es wirft zB keine Fehler, wenn das Cover ein paar Pixel zu schmal ist o.ä. sondern korrigiert von sich aus. Der Support ist brauchbar, bei manchen Sachen ist es allerdings auch bei Amazon mühsam und kostet Zeit, wie etwa Bucheinträge im Katalog zusammenlegen lassen, was man eben nicht selber machen kann.
Das größte Problem bei Amazon ist deren Geschäftsmodell: embrace, extend, extinguish. Also erstmal alle Anbieter auf die eigene Plattform locken, die eigenen Konditionen aufzwingen und dann kleiner und kleiner machen. Bei Twitch (gehört auch Amazon) werden bereits Creators mittlerweile nach Anzahl der Subscriptions unterschiedlich bezahlt. Da können wir uns als Autor:innen auch schon drauf gefasst machen, dass das für die Downloadzahlen unserer Bücher auch kommen wird.
Mehr zu dem Thema bei Cory Doctorow und Rebecca Giblin in „Chokepoint Capitalism“.
Tredition (Print)
Tredition ist ein kleines Familienunternehmen in Norddeutschland. Das Team ist super nett und flexibel, wenn es mal Sonderwünsche gibt. Nach dem BoD-Gerangel um die Lieferadressen bin ich zu Tredition gewechselt und mit dem Service und den Menschen auch noch immer sehr zufrieden. ABER …
Was leider seit Beginn und auch noch immer nervt, ist die Technik. Das Backend ist im besten Fall gewöhnungsbedürftig und jedes Mal hakt es irgendwo, mindestens beim Upload der Cover-Datei. Jedes. Einzelne. Mal. Selbst wenn die Abmessungen pixelgenau passen und das Druck-PDF mit allem und Gummibärchen aus meinem Grafikprogramm rausgekommen ist, hakt es immernoch, lädt nur zu 80% und ausloggen und wieder einloggen macht es dann möglich, dass man die Datei dann doch irgendwann ganz hochladen kann.
Aktuell frage ich mir seit Sommer 2022 ein Loch in die Mütze, ob sie denn nicht endlich eine API freigeben können. Ich hoffe ja noch ein bisschen drauf, dass sie endlich ihre Technik auf die Kette kriegen und an zukunftsträchtigen Funktionen arbeiten, statt das aktuelle Modell notdürftig zu flicken. … Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Anbieter, die ich nicht mehr nutze
Feiyr (–)
Mit Feiyr hab ich persönlich sehr schlechte Erfahrungen gemacht, bis hin dazu, dass ich von einem ziemlich anstrengenden Sales-Typen angerufen (!) wurde, der mein Datenschutzbuch in den angeschlossenen Print-Verlag aufnehmen wollte und mit ihrem „Bestseller-Titel“ „König Pups“ argumentierte. Konkrete Zahlen konnte oder wollte er nicht nennen, auch keine Verkaufszahlen garantieren. Auf meine schriftliche Nachfrage nach wirtschaftlichen Eckdaten kam nie was zurück.
Kurzkritik: Just nope.
BoD
Mit BoD, dem Platzhirsch im deutschsprachigen Gebiet, habe ich ein sehr ambivalentes Verhältnis. Es funktioniert einfach, aber mit einigen Fallstricken. Zum Beispiel sind die Autorenverträge, also die, wo man deren ISBNs verwendet, so aufgebaut, dass sich BoD auch sämtliche Nebenrechte wie Hörbuch etc alles sichert. Will man ein Hörbuch machen, muss man sich die erst formal zurückholen. Das ist üblicherweise kein Problem aber: WIESO ÜBERHAUPT??? Dann haben sie Probleme damit, Bücher an eine andere Adresse zu liefern als die Rechnungsadresse. Das war der Grund, warum ich zuletzt wieder dort weggegangen bin, weil ich eine dreistellige Anzahl Bücher in einer Werkstatt brauchte, die sie verpacken und verschicken sollten, aber die Rechnung sollte an den Verein, die die Bücher an Mitgleider ausschicken wollte. Es war einfach nicht möglich. Also Bücher rausgekauft und an Tredition gegeben, da ging das alles stressfrei.
Lulu
Bei Lulu hatte ich sehr früh, vllt 2009?, mal einen Account und hatte mich damals dagegen entschieden und stattdessen BoD genommen weil EU. Aktuell ist Lulu wieder auf dem Tableau, allerdings nur, weil es aktuell der einzige PoD-Anbieter ist, der in Europa druckt und eine eigene API für einen eigenen Shop hat (siehe unten). Das große Aber, das dagegen spricht ist allerdings, dass sie den Firmensitz in den USA haben und man den Vertrag auch mit dem US-Hauptsitz hat, was bedeutet, dass auch die Kundendaten der Leute, die bei mir ein Buch bestellen, in die USA gehen würden. Und das muss nun wirklich nicht sein, insbesondere, wenn es sich um ein Buch über Datenschutz geht.
epubli
Für kurze Zeit war ich ganz zu Beginn auch mal bei epubli, bin da aber schon seit Jahren nicht mehr. Wenn Ihr da Erfahrungen habt, teilt die gerne in den Kommentaren.
Wie ich 2024 gerne mein Angebot erweitern möchte
Printbücher im eigenen Shop (#SellingDirect) – Gesucht: Europäischer PoD-Anbieter mit Shop-API
Woran ich seit einer Weile knabbere, ist ein eigener Printbuch-Shop, bzw meinen eBook- und Hörbuchshop um Printbücher erweitern. Optionen für Shop-Software sind Shopware, WooCommerce (WordPress-Plugin) und Shopify, wobei ich aus Datenschutz- und IT-Sicherheitsgründen Shopware nehmen würde. Shopify ist in Kanada, die haben zwar einen Angemessenheitsbeschluss, aber Five Eyes muss jetzt auch nicht sein. Europa wäre halt echt super. Und wenn die Kundendatenbank im eigenen WordPress liegt, ist das ein gefundenes Fressen für Kriminelle, die Seite aufzumachen.
Woran es aktuell scheitert, ist ein europäischer Print-Anbieter mit eigener Schnittstelle (API), um die Bestellungen aus dem eigenen Shop direkt an den Print-Dienstleister weiterzureichen, der dann das ganze Fulfillment übernimmt, also Druck und Versand der Bücher. Lulu scheint aktuell von hier aus die einzige Option zu sein, aber das muss doch auch europäisch gehen.
Hörbücher
Ich möchte gern mehr Hörbücher haben, also von allen meinen Titeln auch Hörbücher anbieten können. Und jetzt kommt auch das * von den physischen Tonträgern oben ins Spiel: Ich möchte gerne ein paar kürzere Sachen auf Kassetten rausgeben. 50 Stück kleine Auflagen, einfach weil’s geht und ich ein Kassettenkind bin. 😉
Danke für den Einblick. Publishing Wide ist ein guter Ansatz, finde ich. Meine Erfahrungen mit epubli habe ich vor ca. drei Jahren gemacht: Technisch hat alles reibungslos funktioniert. Nach ca. einem Jahr hatte ich trotzdem die Nase voll wegen eines Problems mit einem Printbuch, bei dem ich vom Support nur mit Standardantworten abgespeist wurde. Mein Problem blieb bestehen, mein Ärger wuchs, bis ich den Schlussstrich zog und zu KDP umzog, wo das E-Book sowieso schon war.
Für E-Books möchte ich noch XinXii nennen, ich nutze es seit vielen Jahren problemlos für einige Publikationen.
Ansonsten bin ich sehr gespannt darauf, wie du in Sachen #SellingDirect vorankommen wirst.
Dankeschön für die Ergänzung! Stimmt, Xinxii kenne ich aus einem Hörbuchprojekt, wo ich allerdings nur die „Anlieferung“ mache. Scheint aber recht unkompliziert zu sein.