Ein Buch, jedem Schreibenden ans Herz gelegt
Jetzt wollte ich Euch einfach mal ein Buch empfehlen weil es mir gerade wieder einmal in die Hände gefallen ist, als mir die Blog-Parade von schriftsteller-werden.de wieder einfiel. Nach kurzem Nachdenken kann ich sagen, dies ist mein Lieblingsbuch über das Schreiben: Christopher Vogler: The Writer’s Journey – Mythic Structure for Writers.
Schon vor neun oder zehn Jahren machte ich Bekanntschaft mit „A Writer’s Journey“, von dem im Englischen kürzlich die dritte Edition herausgegeben wurde und das ich jedem Schreibenden oder auch Lektorierenden nur warm ans Herz legen möchte. Ich selbst habe hier noch eine etwas abgewetzte 2nd Edition, die damals gerade ganz neu herausgekommen war, aber ich lese immer wieder gerne darin, denn ganz schreibergerecht und beispielreich demonstriert der Autor, wie Geschichten aufgebaut sind und liefert mit der „Hero’s Journey“ eine „Toolbox“, die noch jeden hinkenden Plot zum Laufen bringt.
Dabei bezeiht er sich vor allem auf Joseph Campbell: The Hero with a Thousand Faces, in welchem Campbell den Beweis antritt, dass alle Geschichten von Anbeginn der Zeit bis heute einem immergleichen Schema folgen. Die Reise des Helden mit ihren Stationen und die Figuren, die ihm dabei begegnen. Letztere ganz parallel zu C.G. Jung und den Archetypen. Ganz egal, ob Mythos, Minnelied, Bibelgeschichte, Roman, Witz oder Hollywoodfilm – allen Geschichten liegt immer dasselbe Muster zugrunde, und es ist die Aufgabe eines jeden Autoren, sich dieses Muster ins Gedächtnis zu rufen, zu überdenken, und ihm eine wieder neue Gestalt in Form einer neuen Geschichte zu geben. Dieses Muster kommt ganz automatisch, auch Autoren die noch nie von der „Hero’s Journey“ gehört haben, reproduzieren es unbewusst und reihen ihre Geschichte damit in den Jahrtausende alten Kanon ein. Wenn aber eine Geschichte schwächelt oder hinkt, liefert die „Hero’s Journey“ ein nützliches Werkzeug, sie wieder ins Gleichgewicht und damit zum Funktionieren zu bringen. Interessanterweise berichtet Vogler auch von Experimenten, bei denen Filme (und wohl auch Bücher) entgegen dem Muster veröffentlicht wurden. Und floppten. Und jedem rebellischen Jungautoren sollte klar sein, dass es sich hierbei nicht um eine von außen aufgezwungene Regel handelt, sondern um die Erfüllung eines inneren, archetypischen Verlangens der Leser bzw. Zuschauer. Die „Hero’s Journey“ ist DAS Muster, nach welchem Geschichten funktionieren und es lohnt sich, sich damit vertraut zu machen; und sei es, um Bücher und Filme daraufhin „auseinanderzunehmen“.
Für Vogler sind es vor allem Drehbücher für Hollywood-Filme und entsprechend fallen seine Beispiele aus, doch das sollte niemanden abschrecken zumal die Chance hoch ist, das jeweilige Beispiel irgendwoher zu kennen. Leider hat wohl auch der deutsche Titel „Die Odyssee des Drehbuchschreibers: Über die mythologischen Grundmuster des amerikanischen Erfolgskinos“ vermutlich nicht zur Verbreitung im deutschsprachigen Raum beigetragen. Dabei bereitet Vogler den recht fachlichen Stoff Campbells um die verwobenen Pfade von Mythen, Geschichten und Psychologie wirklich schreibergerecht und gut lesbar auf, setzt ihn um in eine Terminologie, die jedem Autoren und erst recht jedem Lektor bekannt sein dürfte. 1., 2. und 3. Akt, Krise und Höhepunkt, Mentor und Schwellenwächter, … Immer näher an das Leben bringt er Campbells Theorie, bis er schließlich einsieht, das das Muster „Hero’s Journey“ auch auf das Leben jedes Einzelnen zutrifft:
„The Hero’s Journey is a pattern thyt seems to extend in many dimensions, describing more than one reality. It accurately describes, among other things, the process of making a journey, the necessary working pars of a story, the joys and despairs of being a writer, and the passage of a soul through life.“ (Preface to the 2nd Edition)
Bzw. auf Deutsch:
Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers &
Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten
Ich denke das nennt man Tropes
http://en.wikipedia.org/wiki/Trope_(literature)
Und ich seh das ebenfalls so dass es kein Regelwerk sondern eine Abstraktion des Schreibens selbst ist. Ein Regelwerk wäre dann wohl dem Klischee gleichzusetzen 🙂
hm, es geht glaub ich über ein „trope“ hinaus und ist eher ein intuitives regelwerk, da die meisten geschichten „von ganz allein“ dem schema folgen. klischee wäre, wenn es IMMER der gärtner wär… 😉