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Anne Fadiman: „Ex Libris“

Buchrezension: Anne Fadiman: „Ex Libris“ – Bekenntnisse einer Bibliomanin

Grandiose Anekdoten aus dem bibliophilen Leben. Was passieren kann, wenn zwei Bibliomanen ihre Bibliotheken zusammenlegen (heiraten), ist nur der Anfang einer ganzen Reihe amüsanter bis nahezu abartiger Lebens- und Büchergeschichten.

Der Ehemann der Autorin dachte ernsthaft an die Scheidung, als sie ihm erklärte, daß mehrere Werke eines Autoren chronologisch zu sortieren seien… Ihre Mutter hütet eine Sammlung von mehreren hundert Stilblüten, Druckfehlern und grammatikalischen Grausamkeiten – alles Zeitungsausschnitte aus der Fort Myers News Press… ^^ Ihr Vater ist Wally, der Wortwurm und die Autorin selbst hat einen gewissen Hang zur Pedanterie, welcher, zumindest in geschriebener Form, zur allgemeinen Erheiterung beiträgt.

Erfreulich fand ich das Kapitel über Wahre Weiblichkeit. Nach der Lektüre von Der Spiegel wahrer Weiblichkeit – ein Leitfaden für die Frau unserer Tage (vor 1886) erkennt Anne Fadiman, daß der Autor – Pater O’Reilly – nicht etwa aus selbstgefälligem Macho-Gehabe heraus schreibt, sondern aus bloßer Angst… Eine „Verklärung des heimischen Herds“, zum Zufluchtsort stilisiert. Ein sehr hübscher Umgang mit unserer (literarischen) Vergangenheit. Denn moderne Frauen pochen ja auf das uns nur zu bekannte Innen, dem Fadiman gleich ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Lobend erwähnt sie die englische Abkürzung Ms., da ja nun wirklich keiner auf den ersten Blick weiß, ob eine Frau nun verheiratet oder unverheiratet ist. Auf dem Feld der Geschlechterpolitik für die Autorin ein eindeutiger Sieg. Ganz im Gegenteil zu nahezu allen anderen Schwachsinnigkeiten, die jene in schriftlicher Form mit sich brachte! „Allein die Wahl der Mittel schmerzt“. Und wie recht sie hat!

„Mein reaktionäres Ich meldet sich jedoch zu Wort, wenn grammatische Schimären wie SchriftstellerInnen mein Auge beleidigen, ganz davon zu schweigen, was ich empfinde, wenn ich mir auszumalen versuche, wie man so etwas wohl korrekt auszusprechen hätte. Unbegreiflich finde ich die Feminisierung oder gar Pluralisierung des armen
Jedermann (was hätte Hugo von Hofmannsthal wohl dazu gesagt?), und noch unverständlicher ist mir das Eifertum, das in seinem blindwütigen Furor dem harmlosen Indefinitivpronomen man ein frau als gleichwertig zur Seite stellen will. Mein Kopfschütteln über die bildungsferne Gleichsetzung eines Indefinitivpronomens mit einem Substantiv wird jedermann (jawohl!) einsichtig sein, bedenkt man (jawohl!), daß ich als Zehnjährige zu Hause ermahnt wurde, nicht die hoi polloi zu sagen, sondern hoi polloi, da hoi bereits das Demonstrativpronomen im Nominativ Plural ist und die hoi polloi somit eine pleonastische Bildung wäre, vergleichbar mit der in deutschen Amtsstuben und Personalbüros beliebten KW-Woche [auch ABM-Maßnahme (Anm.)] oder den Lexikas mit ihrem Doppelplural – sprachlichen Betriebsunfällen, wie sie hoi polloi regelmäßig unterlaufen.“ (Fadiman, S. 92)

Ich muß zugeben, mit genau dieser Textstelle hat die Autorin bei mir einen großen Pluspunkt geerntet, glaubte ich doch die letzten Jahre über, das einzige weibliche Wesen zu sein, das diesen schriftlichen Emanzipationsabfall als Unfug erachtet.

Insgesamt eine sehr unterhaltsame und leichtgängige Lektüre. Sehr zu empfehlen! [rating:5]

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3 Kommentare

  1. Was auch immer „hoi polloi“ ist (Humpty Dumpty?), er (sie/es?) würden im Weinviertel trotzdem einen Artikel bekommen. Mir tut es noch immer weh, einen Namen ohne Artikel davor zu schreiben, deshalb tue ich es auch nicht. Ich esse außerdem nicht Mais sondern Kukurutz, Paradeiser nicht Tomaten und meine österreichischen Besonderheiten lass ich mir auch nicht nehmen. (Nicht dass ich andeuten will, dass man das tun will, ich finde es nur unfair, die gesammte deutsche Sprache über einen Kamm zu scheren.)

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