Gesünder Schreiben – im Schlaf (Teil 1)
Wir verbringen etwa ein Drittel unseres Lebens schlafend. Das gilt auch für Autor*innen und die arbeiten ja bekanntlich immer, auch wenn sie aus dem Fenster starren oder vom nächsten Plot träumen.
Unlängst hörte ich in den Nachrichten den Satz: „Etwa die Hälfte aller Deutschen leidet an Schlafstörungen“, und war schockiert. Nicht etwa, dass so viele Menschen schlecht schlafen oder glauben, es zu tun, sondern wegen der schieren Behauptung ohne relevante Studien zu nennen.
Vor einigen Jahren las ich einen sehr interessanten Artikel: The myth of the eight-hour sleep. Und zwar haben Forscher herausgefunden, dass Menschen eigentlich ein ganz anderes Schlafmuster haben, als wir es heute üblicherweise kennen: zweimal ca. vier Stunden mit einer ca. anderthalbstündigen Pause dazwischen; abhängig von der Jahreszeit, da Menschen etwa ein bis anderthalb Stunden nach Sonnenuntergang müde werden und zu Bett gehen und bei Sonnenaufgang mit ihrem Schlaf fertig sind.
Erster und zweiter Schlaf war normal. Nix mit acht Stunden durchschlafen, das kam erst mit der elektrischen Beleuchtung und Straßenbeleuchtung der industriellen Revolution in Mode und ist eigentlich unnatürlich. Kinder, Alte, Kranke, Schwangere und Menschen, die in längeren Stress-Situationen sind, fallen oft in das natürliche Schlafmuster zurück, weil sich der Körper so am besten erholt. Man tut ihm nichts Gutes, wenn man Schlafmittel nimmt, um die heute üblichen acht Stunden durchzuschlafen.
Was die Studie auch erklärt, sind die sogenannten Stundenbücher „for the hours between sleeps“, von denen man lange dachte, die wären nur für Reiche gewesen, die mit ihren Tagen nichts anzufangen wussten. Stattdessen haben Menschen die nächtliche Wachzeit früher tatsächlich genutzt, Sex gehabt, Nachbarn besucht, Staatsgäste empfangen, gebetet, … Es war ein kleiner Zeitraum in der Nacht, in dem es durchaus geschäftig zuging.
Das alles ist im Lichte von Straßenbeleuchtungen und dem damit verschobenen Schlafverhalten in Vergessenheit geraten. So sehr, dass Menschen glauben, sie hätten Schlafstörungen, wenn sie in der Nacht aufwachen und mal eine Stunde lang nicht wieder einschlafen können. Dabei ist das eigentlich völlig normal, insbesondere, wenn man gerade unter Stress steht. Und sich dann nochmehr Stress zu machen, weil man denkt, man hätte zu allem, was man um die Ohren hat, jetzt auch noch Schlafstörungen, macht die Sache üblicherweise nicht besser, sondern erzeugt noch mehr Druck. Wer hat schonmal versucht, unter Druck einzuschlafen? Eben.
Während der Scheidung habe ich nachts immer nur etwa dreieinhalb Stunden geschlafen, also einen halben Zyklus ausgelassen. Nachdem ich den Artikel kannte, hab ich mir damit aber keinen Stress gemacht, sondern wusste, dass sich das demnächst wieder einpendelt, wenn der psychische und emotionale Stress vorüber ist. Und so war es dann auch.
Meine Großmutter war nachts immer wach und hat Briefe geschrieben. Sie haben dann immer gesagt: die ist nachts immer wach und schreibt, kann nicht schlafen! Doch, sogar richtig.
Ich glaube, insgesamt haben wir Menschen es verlernt, auf unseren eigenen Körper zu hören und nehmen lieber Medikamente, um den Körper an etwas anzupassen, was wir als normal befinden oder vorgesagt bekommen, dass es normal sei, ohne zu verstehen, was wirklich dahinter steckt. Manchmal sollte man vielleicht einfach mal drüber schlafen und selbst entscheiden, ob man jetzt wirklich ein Problem hat, oder ob sich der Körper nur die Erholung holt, die er grad braucht.