Mord im Garten – Teil IV

Agatha Christie und der Garten

Die beiden zuletzt genannten Beispiele entstammen der spitzen Feder Agatha Christies. So spielt ein Teil von „16:50 ab Paddington“ im Garten des Anwesens, welchen der Mörder auch sehr gut gekannt haben muss um die Leiche so gezielt aus dem Zug zu werfen und dann im Sammel-Sarkopharg des Hausherren zu bestatten. In „Ruhe unsanft“ treffen wir dagegen auf einen Fall von Leichenentsorgung, wie er auch in der Realität hundertfach stattfinden könnte. Sehr schlicht und funktionell wird die Leiche einfach im Garten begraben und wäre auch nicht gefunden worden, hätten nicht die Erinnerungen der neuen Hausherrin die schreckliche Tat wieder hervorgebracht und Miss Marple den Garten als wahrscheinlichste Ruhestätte lokalisiert.

Um einiges interessanter war die Entdeckung, dass Garten und Gartenarbeit häufige Charakterisierungsmethoden der Romanfiguren Agatha Christies sind. Zumeist die Figuren der Miss Marple Reihe werden über ihre gärtnerischen Fähigkeiten charakterisiert, was vermutlich mit der Ermittlungsstrategie der Miss Marple zusammenhängt. Die alte Dame löst die Fälle vor allem durch ihre hervorragende Menschenkenntnis, welche sie in ihrem Heimatdorf St. Mary Mead über Jahre erworben hat. Klassische Stereotypen, wie sie überall vorkommen und zu welchen Miss Marple dann – sehr klug und überlegt – die Parallelen vom dörflichen Leben zu den entsprechenden Personen des jeweiligen Falls zieht.

Bezüglich gärtnerischer Fähigkeiten finden wir in „Die Tote in der Bibliothek / The Body in the Libraby“, einem Buch, das überhaupt nichts mit Gärten zu tun hat, folgende Stelle: Jane Marple und ihre Freundin Mrs. Bantry debattieren darüber, wer der Mörder sein könnte und Miss Marple kommt auf

„Basil Blake.“
Mrs. Bantry cried impulsively, „Oh, no!“ and added as though in explanation, „I know his
mother.“
The two women looked at each other. Miss Marple sighed and shook her head.
„I quite understand how you feel about it.“
„Selina Blake is the nicest woman imaginable. Her herbaceous borders are simply
marvelous; they make me green with envy. And she’s frightfully generous with cuttings.“

Das Argument, die Blumenrabatten seiner Mutter seien so schön und sie sei so freigiebig mit Ablegern, wird vermutlich für Basil Blake vor keinem Gericht standhalten, doch aufschlussreich ist es dennoch, allerdings mehr in Bezug auf die Autorin und weniger bezüglich der Mordtätigkeiten einer Romanfigur. Ob Agatha Christie die gartenbezogenen Stellen ihrer Romane autobiographisch schrieb oder nicht, sie deuten doch auf das ländliche Idyll, in welchem die Damen nicht viel anderes zu tun hatten, als sich um Haus und Garten zu sorgen und sich oftmals selbst nur mehr über diese eigentlichen Äußerlichkeiten definierten: das gesellschaftliche Ansehen stand und fiel mit dem Blühen und Vergehen der Blumenrabatte, man kaufte sich in gewisse Kreise mit seltenen Ablegern ein und traf sich zum Kaffeeklatsch am Gartentisch. Weite Teile des gesellschaftlichen Lebens fanden im Garten statt, kein Wunder also, dass auch die Leichen im Garten ihren Platz finden sollten. Und ist es vielleicht schon nicht der Garten Eden, so doch wenigstens ein lauschiger Platz unter dem Rhododendron.

© Klaudia Zotzmann

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