Plotten mit Post-Its ist wie Mindmaps, nur anders
Ich hatte ja verraten, dass ich ein neues Buchprojekt angefangen habe. Mein übliches Problem Nr 1: Plotten. Das habe ich bisher immer direkt im Scrivener (Affiliate Link) mit Schneeflocken-Template gemacht und dann ggf leere Szenen eingefügt, wenn ich wusste, dass da sicher noch was kommen muss. Mein übliches Problem Nr 2 ist dann die gähnende Leere in der Mitte – und ja, das klingt schon danach, als könnte das mit Problem Nr 1 verwandt sein.
Also war ich ganz froh, dass ich beim SPS Buch Coaching eine ganze Reihe Material gefunden habe, was man alles für’s Plotten machen kann. Sie alle waren sich einig: Mindmaps! … Ich hasse Mindmaps. In meinem Kopf ist schon soviel Chaos und durcheinander, da macht es mich wahnsinng, auf so ein Gekrakel zu starren. Ich brauche Listen und saubere Abläufe.
Ich habe es versucht. Wirklich. Man soll ja ruhig Dinge alle paar Jahre mal wieder ausprobieren, vielleicht passen sie ja in der Zwischenzeit zu einem. Ich habe also zwei Mindmaps mit Stift und Papier angefangen – es hat mich unendlich angekotzt. Ich hasse Mindmaps noch immer.
In einem Video eines Fiction Coaches erfuhr ich dann allerdings, dass er mit Post-Its plottet. Ein Stapel Klebezettel und ein Stück freie Wand – oder bei mir eine freie Tür – gelten auch als Mindmap. Auch da darf man wohl alles nicht so eng sehen. Ok, darüber können wir reden, die kann man dann ja gleich in eine mehr oder weniger ordentliche Reihe kleben und die ist dicht an einer Liste dran.
Ich schaute mich einmal suchend um und *tadaaa* – ich hatte sogar welche im Haus. Freie Wand ist mit lauter Dachschrägen nur so mittel, aber eien freie Tür hab ich gleich neben meinem Schreibtisch. Close enough.
Ich setzte mich mit Stift, den vorhandenen zwei Sorten Post-Its und einer großen Tasse Kaffee auf den Boden vor der Tür und schrieb alles, was ich schon in die beiden angefangenen Mindmaps geschrieben hatte, kurzerhand noch einmal auf ein Post-It und klebte es direkt vor mich. Charaktere auf die kleinen roten Zettel, Szenenideen und alles andere auf die größeren weißen. Und dann saß ich da mit dem Chaos. Und jetzt?
Ich ließ die Zettelschlacht eine Weile abhängen und setzte mich am nächsten Tag wieder dran. Zwischenzeitlich hatte ich neue Post-Its besorgt, man soll ja optimistisch bleiben. Wieder Kaffee, wieder mit dem Werkzeug auf den Boden. Starren. Es dauerte einen Moment, aber dann fiel mir auf, dass nahezu alle Post-Its in zwei große Bereiche teilen ließen: Setting und Storylines. Ich schrieb die beiden zentralen Teile, also wo die Geschichte spielen sollte und das zentrale Motiv für die Charakter-Storyline auf zwei extra Post-Its und klebte sie nebeneinander in die Mitte. Alle anderen sortierte ich dann links und rechts daneben, je nachdem, ob sie zu Setting oder zur Story, bzw. zu den Charakteren gehörten. Und dann hatte ich noch eine Handvoll Zettel über, die alle mit der Haupthandlung zu tun hatten, die auch zu beiden gehörten. Die klebte ich untereinander in die Mitte unter die beiden Hauptzettel.
An dieser Stelle war ich verlüfft, dass das mit den Klebezetteln so gut funktionierte. Aber ich wusste in dem Moment auch erst einmal nicht weiter, was ich tun sollte, also machte ich kurz Pause. Ich schaute mir das Vodeo vom Fiction Coach noch einmal an, insbesodere den Teil, wo er über das Fünf-Akt-Modell spricht, nach dem er plottet. Er beschreibt die fünf Meilensteine sehr plastisch und ich nahm die neuen Post-Its und schrieb die fünf Meilensteine gleich direkt mit. Die klebte ich oben auf die Tür und starrte auch hier wieder eine ganze Weile drauf. Zwischenzeitlich habe ich mir den Sessel vor die Tür gezogen, um etwas bequemer starren zu können.
Nächster Tag, neues Glück. Ich dachte eine Weile über die Meilensteine nach – Exposition, inciting incident, … und fragte mich, was diese wohl im Verlauf meiner Story sein könnten. Die ersten zwei waren fast sofort klar, der dritte und vierte waren innerhalb weniger Minuten besetzt. Der fünfte blieb vorerst leer, weil ich mich noch nicht entschieden hatte, wen ich tatsächlich noch umbringen will. Ich nahm die nächste Farbe und schrieb die Szenenideen von den weißen Zetteln noch einmal ab und klebte sie grob in die Gegend, wo sie vom Handlungsverlauf hingehören würden. Es ergaben sich fast noch einmal so viele neue Ideen, die alle direkt mit auf das Türblatt wanderten.
Und genau davor sitze ich nun. Noch immer unentschlossen, wer gegen Ende dann noch sterben soll, was aber ab der Mitte ja schon für die Geschichte wichtig ist. Vielleicht sollte ich einfach alle leben lassen, dann wäre ich schon nahezu fertig. 😉
Plotten mit Klebezetteln finde ich jedenfalls durchaus eine sinnvolle Idee. Es ist übersichtlich und man kann leicht ganze Szenenverbände verschieben, etwas einfügen, umsortieren, etc. Beim nächsten Mal wird das sicher auch schon schneller gehen. Ich werde es sicher beim nächsten Mal wieder so machen. Wer es noch nicht probiert hat, schaut es Euch gerne einmal an.
Übrigens hat eine liebe Autorenkollegin, Petra Gungl, auch gerade etwas über’s Plotten geschrieben: Am Anfang war der Plot – oder nicht?
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