#SaveSocial – für ein demokratisches Internet
Instagram: venture capital, staatsnahe Platform USA. Facebook: venture capital, staatsnahe Platform USA. WhatsApp: venture capital, staatsnahe Platform USA. Threads: venture capital, staatsnahe Platform USA. Pinterest: USA. Snapchat: USA. LinkedIn: USA. Twitter/X: venture capital, Staatspropaganda-Platform USA. TikTok: venture capital, staatsnahe Platform China. … Die meistgenutzten Social Media Plattformen liegen in den Händen von US-Milliardären, US-Konzernen oder denen eines chinesischen, staatsnahen Konzerns. Wie problematisch das ist, ist einigen im Januar 2025 klargeworden, als Marc Zuckerberg die Moderation auf den Meta-Plattformen (Instagram, Facebook) aufgekündigt hat und man dort (aktuell noch nur in den USA) mittlerweile völlig ungehindert sagen darf, dass Frauen Haushaltsgegenstände sind und Rassismus super toll – leider völlig ironiefrei.
Die Probleme sind allerdings noch viel tiefgreifender. Die grundlegende Funktionsweise der Social-Media-Algorithmen ist polarisierend und aufstachelnd, da negative Informationen und Emotionen zu mehr Engagement führen und somit den Plattformen mehr Geld einbringen. Da ein Großteil der Menschen, darunter auch die in Medienhäusern, dem Mythos Reichweite verfallen sind, glauben sie, dass sie sich den Algorithmen fügen müssen, „um überhaupt noch wahrgenommen zu werden“. Daher spielen Journalist:innen und Medienhäuser den Algorithmen-Limbo mit, zahlen zT unsere Steuergelder an US-Konzerne, um ihre Inhalte zu positionieren und ordnen sich, die wichtigen Informationen und Einordnungen den Spielarten der Algorithmen unter. Viele Medienhäuser, Journalist:innen und auch Kreative sind schon seit Jahren vollständig von den Plattformen und deren Algorithmen abhängig zulasten der Inhalte und zulasten des menschlichen Kontakts im Netz.
Durch ihre Algorithmen kontrollieren die Big-Tech-Plattformen, welche Information überhaupt ausgespielt werden und damit direkt die öffentliche Debatte im digitalen Raum. Mittlerweile sind auch in den USA die politischen Interessen der Plattforminhaber vollends gekippt und die Schwächung der EU kann durchaus als eines der Ziele der US-Regierung und ihrer Propaganda-Organe gesehen werden. Das gefährdet unsere Demokratie ganz konkret. Obendrauf kommt kommerzieller Datenmissbrauch. Big-Tech ist mittlerweile eines unserer vordersten gesellschaftlichen Probleme, gleich nach der Klimakatastrophe.
Zehn Vorschläge für ein demokratisches Internet
Eine Initiative von über 100 Personen des öffentlichen Lebens – darunter Ralph Ruthe, Ulrich Kelber, Melanie Bartos, Leonard Dobusch, Marc-Uwe Kling und Markus Beckedahl – und auch einigen Organisationen hat sich zusammengetan, um soziale Netzwerke als demokratische Kraft zu retten: #SaveSocial. Demokratische, dezentrale Netzwerke wie das Fediverse sollen strukturell und gemeinwohlorientiert gefördert werden.
Sie haben zehn Vorschläge für ein demokratisches Internet formuliert:
1. Wir stärken Alternativen mit guten Inhalten: Mit öffentlichen Mitteln finanzierte Inhalte müssen vollständig zumindest auch auf diesen Plattformen verfügbar sein, denen offene und anerkannte Standards und Protokolle zu Grunde liegen. Politik, Behörden, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Bibliotheken, aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk werden verpflichtet, alle Inhalte ausnahmslos zumindest auch auf diesen Plattformen zur Verfügung zu stellen. Sie müssen eigene Angebote wie Mediatheken über Protokolle für diese Plattformen öffnen.
2. Wir stärken Alternativen strukturell: Öffentliche Institutionen (Politik, Behörden, Universitäten, Bibliotheken, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und weitere) produzieren heute mit hohem Aufwand exklusive Inhalte für Instagram, TikTok und weitere Monopolplattformen. Sie werden künftig verpflichtet, mindestens mit demselben finanziellen und strukturellen Aufwand in die Herstellung von Inhalten und deren Distribution für diese offenen Digitalplattformen zu investieren. In regelmäßigen Abständen prüfen Aufsichtsgremien, ob der Anteil des Aufwands für offenen Plattformen vergrößert werden kann, ohne die erforderliche Reichweite der Angebote zu gefährden.
3. Wir investieren in die Entwicklung und Nutzbarkeit von Alternativen: Bund und Länder werden verpflichtet, ihre Investitionen in die Entwicklung und Stärkung dieser offenen Plattformen und Protokolle sowie Angebote auf Basis dieser massiv auszuweiten. Ziel ist dabei insbesondere, deren Bedienbarkeit zu verbessern, Wachstum durch ausreichende technische Infrastruktur zu erlauben und die Marktdurchdringung durch Marketing zu erhöhen. Zudem schaffen Bund und Länder Bürger*innengremien, die die Anforderungen an solche demokratiestärkenden Angebote festlegen und überwachen.
4. Wir ermöglichen gemeinwohlorientierte Angebote: Für Betreiber demokratiestärkender Plattformen und Angebote wird ein Rechtsrahmen geschaffen, in dem diese gemeinnützig operieren können.
5. Wir verbessern die Medienbildung: Bildungseinrichtungen, insbesondere Schulen und Träger von Medienkompetenz-Angeboten, werden verpflichtet, in erster Linie die Nutzung offener und demokratiestärkender Plattformen und Netzwerke zu vermitteln. Gleichzeitig wird die Nutzung von Hardware und Angeboten der Monopolplattformen in Bildungseinrichtungen eingeschränkt mit dem Ziel, diese möglichst ganz zu vermeiden. Zudem sollen Lehr- und Lerninhalte des staatlichen Bildungssystems auf offenen Plattformen zur Verfügung gestellt werden, sofern die Urheber*innen die nötigen Rechte eingeräumt haben.
6. Wir schaffen Vielfalt und Transparenz: Für große Plattformen werden Marktanteilsobergrenzen eingeführt, bei deren Überschreitung Unternehmensteile veräußert oder Inhalt und Verbreitungsweg getrennt werden müssen. Eine Digitalsteuer für Tech-Giganten wird erhoben, um eine demokratiestärkende Informations- und Diskussionsinfrastruktur sowie Qualitätsjournalismus zu finanzieren.
7. Wir öffnen Plattformen: Große Plattformen müssen offene Standards und Interoperabilität zwischen Angeboten einführen, damit Nutzende Inhalte herstellerunabhängig nutzen können und bei einem Angebotswechsel eigene Inhalte nicht verlieren. Ein solcher Angebotswechsel muss auch durch vollständige Download-Möglichkeiten eigener Inhalte erleichtert werden.
8. Wir ermöglichen Sichtbarkeit: Monopolplattformen bestrafen heute Links, die auf Angebote außerhalb dieser Plattformen wie eigene Webseiten verweisen, beispielsweise durch geringere Reichweite oder weniger Sichtbarkeit. Solche Outlinks dürfen künftig in der Verbreitung von Inhalten nicht mehr zu einer Benachteiligung führen, damit Nutzende ohne Nachteile auf Angebote außerhalb der Plattformen verweisen können. Zur Überprüfung müssen große Plattformen ihre Algorithmen transparent offenlegen.
9. Wir geben Communities echten Sinn: Unabhängige Aufsichtsgremien müssen die Einhaltung der oben genannten Maßnahmen überwachen mit dem Ziel, Monopolstellungen, strafbare Äußerungen und gezielte Desinformation und Wahlmanipulation einzudämmen. Die Plattformen müssen über mehrere Wege einfach erreichbare Ansprechpersonen beschäftigen, die bei Account-Sperrung, Hass oder Verleumdung schnell agieren.Wer Geld mit Inhalten verdient, muss Verantwortung übernehmen.
10. Wer Geld mit Inhalten verdient, muss Verantwortung übernehmen:
Bis heute dürfen Plattformen sogar strafbare Inhalte (Rassismus, Diskriminierung, Holocaustleugnung etc.) zu Geld machen. Das Haftungsprivileg für besonders große Plattformen kommt auf den Prüfstand. So, wie Medienkonzerne Inhalte presserechtlich verantworten, müssen Plattformen für ihre Inhalte Verantwortung übernehmen und haften.
Diese Vorschläge und Forderungen von #SaveSocial habe ich mitgezeichnet. Denn ich glaube ganz fest, dass gemeinwohlorientierte, demokratische Netzwerke möglich sind. Und auch skalierbar. Wir erleben es seit sechs Jahren, in denen wir einen eigenen Server betreiben, dass die Strukturen resilienter sind als alles, was wir sonst bisher gesehen haben. Vor allem, dass Menschen fähig und willens sind, anderen einen Umstieg so angenehm wie möglich zu machen und dass die Technik hält. All die kleinen Design-Eigenheiten des Fediverse tragen dazu bei, dass ein Diskurs auf Augenhöhe stattfindet. Die Gesprächskultur ist durch sie eine andere und sie bleibt, auch wenn zeitgleich viele neue dazukommen. Communities werden gestärkt, der Zusammenhalt der Menschen untereinander wächst und mit ihm auch das Verständnis gegenüber anderen. Das Menschliche siegt. Und ich möchte weiter meinen Beitrag leisten, das Konzept Fediverse in die Welt zu tragen und Menschen die Möglichkeit geben, sich auf demokratischen Netzwerken auszutauschen.
Schaut gerne meine Sammlung an Posts zu Social-Media-Grundsätzen und zum Fediverse an.
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