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Social-Media Grundsätze: Einstieg ins Fediverse

Seit dem letzten Artikel zu Mastodon und dem Fediverse aus November 2022 hat sich viel getan. Mittlerweile deckt das Fediverse fast alle Spielarten sozialer Medien ab. Wo fängt man am besten an?

Was ist das Fediverse?

„Fediverse“ ist ein Kofferwort aus „Federated“ (föderiert) und „Universe“. Wer jetzt an Star Trek denkt, liegt gar nicht so falsch. Denn es geht darum, dass alle ohne technische Hürden miteinander reden können.

Von Pixelfed oder Mastodon haben einige schon gehört; nach Musks Twitter-Übernahme kamen viele zu Mastodon und eine ähnliche Bewegung haben wir im Januar 2025 gesehen als Zuckerberg die Moderation auf Facebook und Instagram aufkündigte, da kamen viele zu Pixelfed. Mastodon ist von den Funktionen ähnlich wie Twitter, also ein Microblogging-Dienst. Pixelfed ist bildbasiert und vergleichbar zu Instagram.

Ihr könnt euren Account auf einem Mastodon- oder Pixelfed-Server oder jeder anderen Fediverse-Plattform einrichten und seid dann schon im Fediverse. Die Plattform die ihr euch aussucht bestimmt, wie das Fediverse für euch aussieht und sich anfühlt. Die unterschiedlichen Plattformen sind einfach verschiedene Bedienoberflächen für’s Fediverse, die alle etwas unterschiedliche Möglichkeiten bieten.

WICHTIG! Egal, wo ihr euren Account anlegt, ihr könnt mit allen anderen reden! Ihr müsst nicht auf demselben Server sein, um euch mit euren Freunden und Bekannten auszutauschen! Das Fediverse ist so konzipiert, dass es egal ist, wo die unterschiedlichen Accounts liegen. Mein Account ist zB auf literatur.social und egal wo ihr euch registriert können wir im Fediverse miteinander kommunizieren, weil die Server alle quasi dieselbe Sprache sprechen (das ActivityPub-Protokoll). Und das war jetzt schon fast das Technischste, was ihr in diesem Artikel lesen werdet.

Am Anfang steht die Community

Es gibt drei gute Einstiege:

Geht dort hin, wo ihr schon Leute kennt

Wenn ihr Menschen kennt, die bereits im Fediverse aktiv sind, fragt sie einfach, wo die ihren Account haben und registriert euch ebenfalls dort.

Ihr könnt auch in den Starter-Packs stöbern. Das sind von Menschen kuratierte Listen von Accounts, denen es sich zu folgen lohnt. Vielleicht findet ihr dort interessante Menschen oder stellt fest, dass eine größere Anzahl von für euch spannenden Accounts alle dieselbe Endung haben – das ist die Community, bei der diese Accounts liegen; so wie die Domain hinten an eurer Mailadresse …@euerArbeitgeber[.com] oder …@Mailanbieter[.de]. Ich habe selbst zwei Starter-Packs erstellt: Bookstodon DE und Bookstodon DE & International.

Geht zu einer Community, die bei euch regional um die Ecke ist

Wenn ihr eine kleine Bäckerei oder einen Laden betreibt, kann ein Account auf einem Server mit Lokalbezug wie norden.social, nrw.social, sueden.social, machteburch.social oder wien.rocks für euch gut funktionieren.

Geht zu einer Community, die zu euren Interessen passt

Wenn ihr Jurist:in seid, könnte legal.social etwas für euch sein. Für Journalist:innen könnte flipboard.social interessant sein (oder vllt auch eine Community mit Regionalbezug). Wenn ihr Funkamateur:in seid, gibt es für euch unter fediverse.radio eine Übersichtsseite mit Links zu verschiedenen Servern. Technisch Interessierte könnten mit social.tchncs.de glücklich werden. (Wobei techncs.de auch noch andere Fediverse-Plattformen wie Pixelfed, Lemmy, Sharkey, Mobilizon und PeerTube hat. Mehr dazu siehe weiter unten.) Wenn ihr künstlerisch oder handwerklich unterwegs seid, schaut euch gerne mastodon.art an. Und Büchermenschen können natürlich bei literatur.social reinkommen.

Wie sucht man sich eine Community?

Falls ihr noch niemanden kennt, bekommt ihr auf zB joinmastodon.org/servers einen Überblick, was es so alles gibt. Ich erkläre das jetzt anhand von Mastodon weil dies die Plattform ist, mit der ich mich am besten auskenne, da wir einen eigenen Mastodon-Server (litertur.social) hosten.

Gehen wir also für das Beispiel hier davon aus, dass ihr euch für Mastodon, also die Twitter-ähnliche Fediverse-Plattform entschieden habt. Auf joinmastodon.org/servers findet ihr eine Auswahl verschiedener Communities (sie nennen das „Instanzen“ oder „Server“). Links in der Leiste könnt ihr nach Interessen oder Regionen aussuchen.

Die Communities unterscheiden sich vor allem durch die Leute dort, den Ort wo sie gehostet werden (und der entsprechenden Rechtsprechung des Landes) und die Server-Regeln, die sich auf die Moderation auswirken, was erlaubt ist und was nicht.

Aber was, wenn ich mich falsch entscheide und meinen Account auf dem falschen Server anlege??!!?? Egal, wo ihr euren Account schlussendlich anlegt, ihr könnt mit allen anderen reden! Ihr müsst nicht auf demselben Server sein, um euch mit euren Freunden und Bekannten auszutauschen! Ihr könnt also erstmal nichts falsch machen. Außer ihr landet bei einer der rechten Hatespeech-Communities, die von den meisten anderen geblockt werden. Aber die muss man auch wirklich aktiv suchen und wenn man sie findet, sind sie zumeist an Hakenkreuzen o.ä. gut erkennbar. Dort versehentlich hinzugeraten wäre schon eine Leistung.

Die einzige Einschränkung bilden die Funktionen der Plattform, die ihr euch ausgesucht habt: So zeigt Mastodon zwar alle Posts auch inkl. Videos, Bilder, Audio und Text an, bei Bildinhalten ist es aber auf die Anzeige von vier Bildern pro Post beschränkt. Andersrum zeigt Pixelfed nur Posts an, die auch Bilder beinhalten und keine reinen Textposts.

Es muss nicht Mastodon sein

Auch wenn ich jetzt aufgrund meines Naheverhältnisses zu Mastodon viel davon schreibe, muss man Mastodon nicht verwenden und auch nicht mögen. Ich bezeichne es wegen seiner Möglichkeiten, alle Inhalte grundsätzlich darstellen zu können, gerne als das „schweizer Taschenmesser des Fediverse“ (und einige schimpfen deshalb auch mit mir), aber es ist meines Erachtens tatsächlich ein guter Ausgangspunkt, um sich im Fediverse zu orientieren. Dem muss man nicht folgen und andere Empfehlungen sind mindestens genauso gut. Denn es gibt mittlerweile zahlreiche verschiedene Fediverse-Communities. Die meistgenutzten Plattformen sind wohl die Folgenden. Alle davon haben so etwas wie „Start“-Seiten, meist heißen die irgendwas mit „join“.

Unter fediverse.observer gibt es eine aktuelle Übersicht über die Plattformen und das gesamte Netzwerk.

App oder Browser?

Bei den meisten Plattformen geht tatsächlich beides. Auf dem Laptop oder Desktoprechner verwende ich den Browser und auf Telefon/Tablet eine mobile App. Ich persönlich bin mit Toot! für Mastodon auf iOS sehr glücklich. Viele Android-Nutzende mögen Tusky oder Fedilab sehr gerne. Viele Apps können auch mehr als eine Plattform abbilden, das heißt, ihr könnt sogar, falls ihr einen Account auf Mastodon und einen auf Pixelfed habt, beide Accounts in einer App verwenden. Eine Übersicht für Mastodon gibt es unter joinmastodon.org/apps und fast alle sind besser/flexibler als die originale Mastodon-App, bei der auch beim Registrieren-Prozess die Übersicht über alle Communities ausgeblendet wurde und man fast zwangsläudig auf der großen Allgemein-Community mastodon.social einen Account anlegt, wenn man nicht aktiv nach was anderem sucht. Pixelfed hat ebenfalls seit einer Weile originale („native“) Apps für iOS und Android, die sind ganz okay. Fedilab tut’s aber auch und mit Toot! kann ich ebenfalls meinen Pixelfed-Account bedienen.

Tipp: Falls ihr mit einer App hadert, euch die Oberfläche missfällt oder was auch immer, versucht gerne erst eine andere App, ehe ihr das Fediverse an den Nagel hängt. Denn alleine durch den Aufbau der App und welche Features sie jeweils zulässt, ändert sich das „Look & Feel“ des Fediverse sogar mit derselben Plattform oft gewaltig! Icecubes oder Ivory sind beispielsweise sehr beliebt und machen ein ganz anderes (ich würde sagen „hipperes“) Erlebnis als zB Metatext.

Anatomie des Benutzernamens

Wenn ihr euch eine Community aussucht, wird deren Domain Teil eures Benutzernamens; so wie bei E-Mail auch. Das kann durchaus auch ein Auswahlkriterium sein!

Ein Benutzername (oder Username) besteht im Fediverse aus zwei Teilen: dem Usernamen an sich, also zum Beispiel @viennawriter und dahinter die Domain der Community, zB literatur.social. Beide werden im Fediverse mit einem @ eingeleitet, im Falle der Domain kennen wir das auch schon von E-Mails. Wie bei E-Mail hat die Domain hinten eine wichtige Funktion: Sie ordnet den Account auch technisch einem bestimmten Server zu, damit der Account in der gesamten Föderation von tausenden unterschiedlicher Server gefunden werden kann. Wenn euch jemand nur elke.mueller aber ohne die Domain hinten sagt, dann könnt ihr den Mailanbieter oder Fediverse-Server raten oder besser nochmal nachfragen.

Nehmen wir meinen Mastodon-Benutzernamen als Beispiel: @viennawriter@literatur.social – vorne der Benutzername, hinten die Domain.

Es gibt eine zweite Darstellung, die ein Direktlink auf das Profil dieses Accounts ist, den man in einem Browser einfach aufrufen kann: https://literatur.social/@viennawriter Hier ist die Domain vorne und der Benutzername hinten. Lasst euch davon nicht durcheinanderbringen, das liegt nur an der etablierten Form von Internetlinks, wo vorne die Domain steht und hinten dann das, was genau man dort aufrufen möchte.

Das war’s jetzt wirklich mit der Technik.

Der Account steht. Was nun?

Wenn ihr euch registriert habt, geht es daran, euch häuslich einzurichten.

Ein herzliches Willkommen

Da das Fediverse für Mensch-zu-Mensch-Kommunikation gebaut ist, kommt es gut an, wenn man gleich zu Beginn das Profil ausfüllt und ein Profilbild einfügt . Es ist auch üblich, sich danach (!) mit dem Hashtag #neuhier kurz vorzustellen; oft ist das sogar der allererste Post. Es gibt viele, die dem Hashtag #neuhier folgen und gezielt neue Menschen im Fediverse willkommen heißen und Gespräche beginnen. Daher ist es nett, wenn man das Profil vorher schon ausgefüllt hat, damit die Menschen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Also:

Schritt 1: Profil ausfüllen
Schritt 2: Profilbild hochladen
Schritt 3: #neuhier-Post

Pixelfed: Importieren der Inhalte von Instagram

Tipp: Wenn ihr euch einen Pixelfed-Account macht und noch einen Account bei Instagram habt, könnt ihr bei Pixelfed eure Instagram-Inhalte importieren.

Wie findet man andere Menschen?

Wenn ihr einen #neuhier-Post gemacht habt, dann werden euch schon einige Menschen in Empfang genommen haben. Vielleicht folgen euch schon ein paar, dann könnt ihr gerne zurückfolgen.

Pro-Tipp: Folgt dem Admin-Account eurer Community, denn dort werden Wartungs-Ankündigungen gepostet und immer wieder auch Umfragen an die Community, wenn es um mögliche Änderungen geht.

Um Eure Timeline zu füllen, könnt ihr nach weiteren Accounts suchen. Denn anders als bei den algorithmisch gesteuerten Netzwerken seid ihr im Fediverse selbst die Herr:innen eurer Timelines. Ihr bekommt nicht einfach irgendwelche Posts reingespült, sondern könnt selbst entscheiden, was ihr sehen möchtet. Einige Apps machen Folge-Vorschläge, aber nicht alle.

Auf Pixelfed und Mastodon gibt es eine „lokale Timeline“ (oder „lokaler Feed“), wo ihr die öffentlichen Posts aller Accounts dieser Community seht. Es lohnt sich immer wieder, da durchzuscrollen um so interessante Themen und Menschen zu finden.

Sobald ihr einem oder mehreren Accounts folgt, kommen die Posts dieser Accounts in eure persönliche Timeline, die „Startseite“. Das klingt sowohl bei Pixelfed als auch Mastodon sehr unprätentiös, ist aber tatsächlich die Ansicht aller Posts von allen Accounts, denen ihr folgt – egal wo diese liegen! Wenn ihr also Accounts einer anderen Community folgt, landen deren Posts auch in eurer persönlichen Timeline bzw. der „Startseite“.

Last but not least gibt es auch die „föderierte“ oder „globale“ Timeline. Das ist die Ansicht aller öffentlichen Posts aller Accounts von allen Communities, die der Server eurer Community schon kennt. Das kann wuselig sein, aber ab und an lohnt auch ein Blick dorthin.

Wie findet man Accounts anderer Communities? Zum Beispiel dadurch, dass lokale Accounts diese teilen („boosten“). Oder in der globalen Timeline. Oder durch Starter-Packs. Oder: Fragt doch einfach mal nach. Macht einen Post, in dem ihr sagt wonach ihr sucht und lasst euch Accounts empfehlen. Das klappt erfahrungsgemäß sehr gut.

Starter-Packs

Um Accounts auch von anderen Communities zu finden, gibt es seit einer Weile praktische Starter-Packs unter https://fedidevs.com/starter-packs/ Dort könnt ihr nach euren Interessen oder auch Umgebung suchen und die Wahrscheinlichkeit besteht, dass jemand bereits eine Zusammenstellung interessanter Accounts angelegt hat; zB „Leute von heise online, c’t und mehr bei heise Medien“. Schaut euch einfach um, was euch interessiert. Bisher können in den Starter-Packs nur Mastodon-Accounts abgebildet werden, aber das soll sich bald ändern. Macht aber nichts, ihr könnt denen ja von egal wo aus folgen.

Allgemein sehr interessante Accounts

Großer Tipp: Fedi.Tips postet regelmäßig Tips und beantwortet auch Fragen dazu, wie man Mastodon und das Fediverse nutzen kann. Da lerne ich immer wieder was dazu. Und FediFollows empfiehlt regelmäßig interessante Accounts, denen man im Fediverse folgen kann. Da hab ich auch schon viele spannende Entdeckungen gemacht. Auch Mastodon Migration hat immer wieder gute Tipps parat.

Die deutsche Bundesregierung und verschiedene Ministerien und Einrichtungen findet ihr auf social.bund.de. Auch ARD und ZDF haben eigene Instanzen, bei denen es sich lohnt, durch die Profilverzeichnisse zu stöbern.

Hashtags

Natürlich gibt es auch im Fediverse Hashtags nach denen ihr suchen und denen ihr sogar folgen könnt. So kommt ihr schnell zu interessanten Diskussionen, an denen ihr euch beteiligen könnt und so neue Leute kennenlernt.

Wie folgt man Accounts?

Accounts zu folgen ist recht intuitiv wenn ihr sie in der Timeline entdeckt, indem ihr auf das Profil geht und dort auf „Folgen“ klickt.

Bestimmte Accounts finden

Wenn ihr also Accounts folgen möchtet, die ihr noch nicht in einer Timeline gesehen habt, zB wenn ihr Menschen trefft und die euch sagen wie ihr Account heißt, dann denkt dran, dass ihr nicht nur deren Benutzernamen vorne braucht, sondern auch die Domain dahinter.

Über die Suchfunktion eurer Community könnt ihr beide Anzeige-Varianten (Benutzername vorne oder hinten) eingeben und solltet immer zum jeweiligen Account kommen, wo ihr dann wieder im Profil auf „Folgen“ klicken könnt. Wenn die Menschen mit ihren Accounts bereits recht aktiv sind, posten und diskutieren, werden die Accounts oft auch schon so in der Suche gefunden. Sonst eben mit Angabe des vollen Benutzernamens inkl. Domain.

Folgen per Starter-Paket

Wenn ihr über ein Starter-Pack Accounts gefunden habt denen ihr folgen möchtet, könnt ihr entweder einzelne Benutzernamen rauskopieren und über die Suche in eurer Community eingeben. Oder ihr macht es euch leicht und gebt der Seite die Berechtigung, Follower in eurem Profil zu ändern. Keine Angst, das ist wirklich sicher und ihr vergebt keine lebenslange Berechtigung, sondern nur bis ihr euch da wieder „ausloggt“. Dann könnt ihr bei einzelnen Accounts eines Starter-Packs auf „Folgen“ klicken und im Hintergrund handelt die Technik das selbst aus. Genauso klappt das, wenn ihr auf „Allen Konten folgen“ klickt. Dann habt ihr mit einem Schlag eine vollere persönliche Timeline/Startseite.

Weiter geht’s im nächsten Post: Das Fediverse – Nächste Schritte (coming soon). Falls euch noch Themen fehlen oder irgendetwas unklar ist, postet es gerne in die Kommentare, dann ergänze ich das gerne.

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